Page 87 - Oktober18Magazin
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Sie hat Muskeln, kurze Haare, Tattoos und Piercings. Sie liebt es in Hosen und Hoodies rumzurennen. Sie arbeitet in einem Männerjob und dennoch ist sie verletzlich, zerbrechlich und ganz Frau. Caroline Wang, eine Klagenfurterin, die sich nicht vorschreiben lässt, wie eine Frau zu leben hat. Eine Frau, die oft auch viel Kritik einstecken muss, nur um die sein zu dürfen, die sie gerne ist: Nämlich SIE SELBST.
x-do: Liebe Caroline, viele Frauen wollen sich in Männerdomainen bewähren, sei es Job, Karriere, Sport. Aber so extrem wie Du wollen wenige sein, was hat Dich dazu bewegt, einen solchen Weg einzuschlagen?
Caroline: Ich war nie so ein typisches Mädchen, das letzte Mal in einem Kleidchen war ich bei meiner Erst- kommunion. Und ja, ich bin eitel. Als ich das erste Mal ein Poster von Beate Dräbing in einer Bodybuilding- Pose sah, da wusste ich: Genau so möchte auch ich aussehen. Wie Du sagst, viele Frauen wollen in Männer- domainen, aber keine möchte schlussendlich so aus- sehen, möchte diese Muskeln haben, Ich bin da anders. Ich  nde diese Muskeln schön und sexy. Ich bin Maschinenschlosserin, wieder so eine Männersache, aber Eishockey, Fussball und Formel1 interessieren mich so gar nicht. Ich bin halt einfach ICH.
x-do: Du hast etliche Erfolge aufzuweisen, wer train- iert Dich, wer sponsert Dich, wie sieht Dein Tag aus, wie lässt sich das alles auf die Reihe bringen?
Caroline: Ja, das ist gar nicht so einfach. Alles Geld, das bei mir am Monatsende überbleibt, wird in den Sport gesteckt. Ich  nde keine Sponsoren. 1998 begann ich mit Bodybuilding. Ich habe mir viel Wis- sen selbst angeeignet, ich habe andere in den Stu- dios beobachtet, mir Zeitschriften gekauft, habe mir Ernährungs- und Trainingspläne selbst zusammen- geschrieben. Zu Hause habe ich eine eigene Mappe, in der ich mir interessante Artikel ausgeschnitten und zusammengeheftet habe. 2002 habe ich dann eine Ausbildung zum Fitnesstrainer und Bodystyler gemacht. Mein Traum wäre es immer gewesen, ein eigenes Studio zu führen. Leider glaubten Kreditinsti- tute nicht gleichermassen an mich, wie ich es tat und nach wie vor tue. Momentan sieht mein Tag so aus, dass ich um 06:00 ca. aufstehe, frühstücke, zur Arbe- it fahre bis ca. 17:00 Uhr arbeite, dann nach Hause starte, etwas esse und danach dann trainiere. 3 x die
Woche mache ich Material Art Systematics, 4-5 x die Woche gehe ich ins Fitness-Studio. Samstag trainiere ich mit meiner Partnerin gemeinsam und Sonntag ist dann oft trainingsfrei.
x-do: Du sprichst es an, Du, bist ja seit heuer ver- lobt, mit einer Frau, wie sieht sie das Ganze?
Caroline: Sie ist ein wunderbarer Mensch und sie liebt ebenfalls Bodybuilding. Anders würde es wohl auch nicht gehen. Momentan ist es eine Wochenendbezie- hung, die wir führen. Sie ist aus Wolfsberg, ich aus Klagenfurt. Wir haben uns vor 3,5 Jahren im Studio kennengelernt, und ja: nächstes Jahr möchten wir heiraten. Sie begleitet mich auf meinen Wettkämpfen, sie unterstützt mich, sie ist für mich da, sie ist meine perfekte Ergänzung.
x-do: Was wäre Dein grösster Traum?
Caroline: Amerika. Einmal mit den Weltbesten zusammen auf der Bühne zu stehen, aber das kostet richtig Geld.
x-do: Du sagst, Du bist eitel. Achtest Du auf Deine Ernährung, hast Du Gewichtsschwankungen, bist Du mit Deinem Körper zufrieden?
Caroline: Ja, ich habe Gewichtsschwankungen und ja, auch ich muss auf die Ernährung achtgeben. Im Laufe der Jahre braucht man auch mal Phasen, in denen man nicht so konsequent ist. Aber es gibt ein Ziel, auf das man hinarbeitet, und wenn ich dann wie- der sehe, wie sich andere vorbereiten, dann motiviert auch mich das wieder. Ja, ich bin selbstkritisch und wie bei einem Künstler, der an einem Werk arbeitet,  nde auch ich immer wieder Stellen an mir, die ich gerne verbessern möchte. Ich bin keine gute Köchin. Zu meiner Küchenausstattung gehört ein Kontaktgriller und ein Dampfgarer, aber ich bin bemüht Süsses zu ver- meiden, gehe selten in FastFood Restaurants und auch Pizza ist bei mir der Ausnahmezustand. Am liebsten mag ich Hühnchen. Auch wenn man es mir auf den ersten Blick nicht ansehen mag, aber ich bin eine ganz normale Frau mit einem vielleicht nicht alltägli-
chen Hobby.
Caroline Wang weiss was sie will und bestimmt selbst, wohin ihr Weg geht, wie weit er geht und wie lange sie ihn geht. Sie ist unabhängig und stark. Sie hat den Mut, das zu sein, worauf andere oft ver- gessen, nämlich sie selbst. Sie ist eine Persönlichkeit, die jeden Erfolg verdient.
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FALL / WINTER 2016 / 2017


































































































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